28

28.01.2011

Duisburg

Mercatorhalle im City Palais

Piano: MANUEL BURGUERAS

 




Duisburg, 30/01/2011

Duisburg, 30/01/2011

 

Schönheit nur noch ahnen

 

 

Montserrat Caballé gilt als eine der ganz großen Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts.

Sie sang an den großen Opernhäusern der Welt, und ihr „Barcelona“-Duett mit Freddie Mercury wurde zur Legende.

 

 

Nun bestand die seltene Gelegenheit, diese berühmte Interpretin bei ihrem einzigen NRW-Konzert der aktuellen Tournee in Duisburg zu erleben. Das Ergebnis war niederschmetternd, denn die Größe und Schönheit ihrer Stimme war nur noch zu ahnen.

 

Natürlich muß man vor der Karriere dieser Ausnahmesängerin, die seit mehr als 50 Jahren auf der Bühne steht, Respekt haben. Und die 77-Jährige verströmt immer noch Herzlichkeit, künstlerische Disziplin und Erfahrung. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob Montserrat Caballé in ihrer aktuellen stimmlichen Situation wirklich gut beraten ist, vor ein zahlendes Publikum zu treten.

 

Als die Sängerin auf einer Krücke gehend die Bühne der Mercatorhalle betritt, brandet freundlicher Applaus auf. Einige Fans begrüßen die Künstlerin mit stehenden Ovationen. Mit einer Vivaldi-Arie beginnt sie das Konzert, doch die Arie klingt nur wie ein Liedchen: Die Stimme der Primadonna wirkt brüchig und die hohen Töne werden nur kurz angedeutet.

 

Verblasster Glanz

 

Ob sie nun Arien des Barock-Komponisten Alessandro Scarlatti, des Belcanto-Spezialisten Gaetano Donizetti oder des Romantikers Charles Gounod singt, irgendwie klingt bei Caballé alles gleich. Weil die Sängerin vor allem darauf achten muss die richtigen Töne zu treffen, bleibt für eine Interpretation der Werke, in der die Charakteristik der Arie herausgekitzelt würde, keine Gelegenheit mehr.

 

Überhaupt hat die Sängerin hier ein Programm ausgewählt, das fast nur aus unbekannten Werken besteht, so dass kaum ein Hörer Caballés Darbietungen mit einer ihm bekannten Interpretation der Werke vergleichen kann. Lediglich mit „Zueignung“ von Richard Strauss wählte Caballé einen Repertoire-Klassiker. Von dem Triumph des in sich ruhenden Interpreten, den andere Künstler aus diesem Lied machen, war hier nichts zu spüren.

 

Während des ganzen Abends, der von Manuel Burgueras am Klavier begleitet wird, merkt man der Sängerin die Mühe an, dieses Programm zu bewältigen. Nur in wenigen Momenten schimmert etwas vom verblassten Glanz und der Schönheit von Montserrat Caballés Stimme auf. So wirkt ihre Stimme in den beiden Massenet-Arien, die den ersten Teil beenden, und in ihrer Gesangs-Improvisation, die sie einer zwölfjährigen Konzertbesucherin widmet, sicherer und klarer.

 

Auch im Publikum kommt wenig Begeisterung auf. Sind andere Auditorien oft bereit, einem musikalischen Idol jeden Fehler zu verzeihen und vor allem die zurückliegende Karriere mit Jubelstürmen zu honorieren, so wirkt der Beifall in der Mercatorhalle lediglich freundlich. Zu Bravo-Rufen oder tosendem Applaus lässt sich niemand hinreißen, nur am Ende des Abends, wenn Montserrat Caballé sich zum letzten Mal verbeugt, erhebt sich das Publikum zum Applaudieren.

 

 

 

 



die 12 jährige Greta mit Montserrat Caballé



Korrespondenz mit Greta

Hallo liebe Claudia
mein Name ist Greta, ich bin 12 Jahre alt und wohne in Dinslaken.
Ich höre Montserrat Caballe auch sehr sehr gerne, seit mich mein Vater vor ca. 2 Jahren mal zu einem Konzert von ihr in Essen mitgenommen hat - sie hat auf der Bühne auch eine tolle Ausstrahlung und scheint sehr nett zu sein. Seitdem habe ich auch einige schöne CDs bekommen. Zu Weihnachten habe ich jetzt Karten für das Konzert in Duisburg am 28. Januar geschenkt bekommen - ich sitze sogar in der ersten Reihe !
Im Internet habe ich jetzt nach einer Postadresse oder email-Adresse von Frau Caballe gesucht und habe Ihre tolle Seite entdeckt.
Es ist toll was Sie alles wissen und wie oft Sie schon bei einem Konzert waren.
Sicher kennt Frau Caballe Sie auch schon. Ich habe nämlich einen Brief an M.C. geschrieben mit einem Foto dabei (Anhang) und den von einer Bekannten sogar in Spanisch übersetzen lassen.
Darin frage ich Frau Caballe sehr höflich, ob sie mir in Duisburg ein Autogramm auf meine CD geben kann und ob wir vielleicht ein Foto zusammen machen können.
Ich habe diesen Brief jetzt mit der Post an eine Adresse in Madrid geschickt und einen an Herr Seßelber von der Agentur (immer mit Rückumshlag und Briefmarke) aber ich weiss ja nicht, ob das die richtigen Adressen sind und ob sie je einen Brief von mir erhält?

Können Sie mir vielleicht eine Adresse oder email sagen, wo ich meine Bitte noch rechtzeitig hinschicken kann ?
Meinen Sie denn, dass sie so eine Bitte von einem Kind erfüllen würde, wo sie doch so berühmt ist ?
Es wäre schön wenn Sie mir helfen könnten !
Sind Sie in Duisburg eigentlich auch dabei ?
Vielleicht können wir uns da ja sehen.
Viele liebe Grüße von
Greta



Hallo, liebe Greta,
ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Frau Caballé Deinen Brief erhält. Am wahrscheinlichsten dürfte es sein, dass sie Deinen Brief durch den Veranstalter bekommt...
Aber es ist schon recht schwierig, mit ihr persönlich Kontakt aufzunehmen...
...Leider bin ich in Duisburg nicht dabei, das ist doch ein bißchen weit entfernt von meinem Wohnort...
Greta, wenn der Konzertveranstalter ein netter Mensch ist, dann wird Dein Wunsch bestimmt in Erfüllung gehen. Du mußt nur ganz fest daran glauben. Ich drück Dir auf jeden Fall ganz fest die Daumen, dass es klappt.
Wenn Du wirklich ein Photo mit ihr zusammen machst, dann kannst Du es mir ja schicken - und wenn Du einverstanden bist, kann ich es ja auf meiner website einbauen, vielleicht zusammen mit einer kurzen "Konzertkritik" von Dir.
Am 28. Januar werde ich ganz fest an Dich denken..., sag Frau Caballé ganz liebe Grüße von mir...
Greta, ich habe mich sehr gefreut, von einem so jungen Caballé-Fan Post bekommen zu haben , und ich würde mich ganz doll freuen, wieder einmal von Dir zu hören,
liebe Grüße, Claudia


Hallo, liebe Greta,
am Freitag Abend habe ich ganz fest an Dich gedacht...und Dir von Herzen gewünscht, dass Dein Wunsch in Erfüllung geht.
Siehst Du, Frau Caballé hat doch von Dir erfahren...ich hoffe, Du konntest auch noch ein Erinnerungsphoto mit ihr gemeinsam machen...
Man muß nur ganz fest daran glauben, dann gehen Wünsche in Erfüllung.
Ganz liebe Grüße an Dich - und weiterhin viel viel Freude mit der Musik von Montserrat Caballé.
Claudia


Hallo liebe Claudia,
danke für ihre e-mail. Woher wussten sie eigentlich, dass Frau Caballe die Briefe bekommen hat ? Es war ein toller Abend. Sie hat wunderbar gesungen, obwohl sie erkältet war und wohl auch etwas schlecht laufen konnte. Sie wurde nur am Klavier begleitet und war also die ganze Zeit auf der Bühne - ich saß ja in der ersten Reihe und war ganz nah dran. In der Pause durfte ich zu Frau Caballe in die Garderobe - sie hat dort auf mich gewartet und sie war sehr nett. Wir haben über Singen gesprochen und sie hat mich gefragt, ob ich auch singe. Wenn sie das nächste Mal nach Deutschland kommt, kann ich ihr etwas vorsingen, hat sie versprochen. Dann hat sie gesagt, wir können gerne zusammen ein Bild machen. Es ist dieses schöne Foto dort entstanden, worauf ich sehr stolz bin. Als die zweite Halbzeit zu Ende war, gab es noch mehrere Zugaben. Als letztes hat sie vor allen Leuten noch von mir und meinen Briefen gesprochen und dann eine Improvisation gemacht, das heißt ein Lied gesungen über mich und sie und die Briefe und unsrer Treffen - toll !!! Es war ein unvergesslicher Abend. Natürlich können sie das Foto auf ihre Homepage stellen mit einem Bericht. Vielleicht sehen wir uns ja mal bei einem Konzert
Viele liebe Grüße sendet ihnen
Greta







22

22.01.2011

Fulda

Esperantohalle

Staatsorchester Rheinische Philharmonie; Cond.: JOSÉ COLLADO

 




Fuldaer Zeitung 23/01/2011

Fulda – 23/01/2011

 

 

Abgesang eines sterbenden Schwans

 

 

Sie ist ein Weltstar, das steht außer Frage; doch die besten Zeiten sind für Montserrat Caballé vorbei. In der Esperantohalle in Fulda erinnerte sie eher an eine altersmüde Grande Dame – und an einen sterbenden Schwan

 

 

 

Sie ist alt geworden, die große Diva, immerhin 77. Inzwischen, obwohl sie es lange gut kaschieren konnte, hört man dies ihrer Stimme auch an. Und das Publikum weiß das. Montserrat Caballé kann zwar sicherlich immer noch jeden der 1200 Zuhörer in der Esperantohalle an die Wand singen, von ihren Glanzzeiten ist sie aber meilenweit entfernt. Nicht umsonst wählt sie, die einst eine der weltbesten Sopranistinnen war, nur noch Mezzosopran-Arien aus. Doch selbst bei diesen wirkt der einstige Schwanengesang müde, die Höhen bemüht, die Pianissimi schwach. Und so ist es bezeichnend, wenn auch nicht verwunderlich, dass bei ihrem Auftritt in Fulda zusammen mit der Rheinischen Philharmonie ein reines Orchesterstück den größten Beifall erhält.

 

Für den Abend hatten Montserrat Caballé und Dirigent José Collado in Deutschland weitgehend unbekannte Komponisten ausgewählt und bei den großen Namen Rossini und Puccini auf Auszüge aus „Der Barbier von Sevilla“, „La Bohème“ und „Madame Butterfly“ verzichtet. Stattdessen standen Arien von Cilea, Catalani, Leoncavallo und vier Vertretern der Zuzuela-Tradition auf dem Programm. Lediglich an der Habanera aus Bizets „Carmen“ führte anscheinend kein Weg vorbei. Auch wenn dies besser gewesen wäre ...

Mutig, aber vielleicht nicht besonders klug war es, eine Ouvertüre und eine Tancredi-Arie von Rossini an den Anfang des Konzerts zu stellen. Während das Orchester sauber und dynamisch spielte und lediglich hier und da etwas träge auf das Dirigat reagierte, schien der Abend für Caballé-Fans schon bei den ersten Tönen der Diva gelaufen zu sein. Unsaubere Koloraturen (jene Umspielungen, die den von Caballé geliebten Belcanto-Stil ausmachen), ein für Opern-Stars geringes Volumen, müde, kraftlos, schlapp. Zwar immer wieder ein kurzes Aufbäumen, doch ohne Dauer. Auch eine Erkältung, die Montserrat Caballé nach eigenen Angaben plagt, kann dies nicht erklären. Rossini ist einfach zu schwer geworden.

 

Mangelnde Akustik

 

Nur langsam wurde es besser: Bei „Dal sultano amurate“ aus Cileas „Adriana Lecouvreur“ durfte die Caballé mit ihrer Stimme schauspielern und konnte so manche Fehler überdecken, und bei Catalanis „Canzone egiziaca“ war nicht allein das schwache Pianissimo der Diva zu kritisieren, sondern auch die knacksende Technik in einer hinsichtlich der Akustik für Opernsänger vielleicht eher ungeeigneten Halle.

Tragisch dann die Habanera nach der Pause: Sehr langsam nahm Collado den Takt auf, und so fehlte dem berühmten Stück, das eigentlich von einer feurigen Zigeunerin gesungen wird, jegliche Leichtigkeit. Die Caballé klang gequält, wehmütig – immerhin war dies ein Stück, das ihre Fans immer mit Genuss aus ihrem Munde vernahmen.

Doch dann breitete der Schwan doch noch die Flügel aus. Nachdem das Orchester mit einem Intermedio aus Jerónimo Giménez’ „La Boda de Luis Alonso“ zu recht mit tosendem Applaus bedacht worden war, erwachte Montserrat Caballé. Die an Volkslieder erinnernden Arien von Chapí, Caballero und Barbieri waren gesanglich der Höhepunkt des Abends: leicht, locker, volltönend und ohne jede Spur von Schwäche. Montserrat Caballé klang zehn bis fünfzehn Jahre jünger und erhielt endlich den Applaus (und zum Schluss die stehenden Ovationen), der ihr gebührt.








19

19.01.2011

Frankfurt

Alte Oper Frankfurt

 

 




Frankfurt – 21/01/2011

Frankfurt – 21/01/2011

 

 

Die Aura der Diva ist ungebrochen

Die spanische Sopranistin Montserrat Caballé gastierte in der Alten Oper Frankfurt.

 

Die Diva umgibt nach wie vor eine besondere Aura – daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sie die Bühne ohne fremde Hilfe eigentlich gar nicht mehr betreten könnte. So aber stützt sie sich bei ihrem Einzug in den Saal mit einem Arm auf ihre Krücke, während der andere bei ihrem langjährigen Klavierpartner Manuel Burgueras eingehängt ist.

Die nun bald 78 Jahre alte Sängerin hält sich am Flügel fest, während die Gehhilfe an dem Instrument lehnt, und beginnt ihren Lieder- und Arienabend mit Vivaldi.

Es ist natürlich ein «altersgerechtes» Repertoire, das auch diesmal wieder Opernfreunde und Caballé-Anhänger in erheblicher Zahl in den Großen Saal lockte. Auch wenn ihr Stimmvolumen längst nicht mehr die Ausmaße früherer Zeiten erreicht, sind doch Spurenelemente ihrer stimmlichen Substanz durchgängig erhalten und hörbar. So kommt der alte Glanz gerade bei den höheren Lagen zum Vorschein. Arien von Scarlatti und Donizetti brachten dies gut zum Ausdruck.

Im zweiten Programmteil konzentrierte sich die Sängerin dann auf fünf frühe Lieder von Richard Strauss. «Ich trage meine Minne», «Allerseelen» und schließlich die berühmte «Zueignung» sind nun nicht gerade der leichteste Stoff, den die Liedliteratur zu bieten hat. Dass sie dennoch von Caballé auf das Programm gesetzt wurden, hat vielleicht etwas mit ihrer persönlichen Zuneigung zu tun, die man ihr anhand der intimen Vortragsweise durchaus abnimmt.

Gleichwohl wirkt die Stimme der Caballé gerade in den tiefen Lagen recht brüchig und gerät damit fast in Gefahr, von dem begleitenden Klavier verschluckt zu werden. Diese Strauss-Lieder fordern mit ihrem kraftvollen Klavierpart doch einen stimmlich durchweg ebenso präsenten Gesangssolisten.

Beim Verlassen des Saals hörte man mitunter wieder die Kommentare wie: «Jetzt haben wir die Caballé also auch noch mal gehört» und ähnliches. Die trotz körperlicher Widrigkeiten ungebrochene Vitalität der Sängerin deutet darauf hin, dass auch dieser Auftritt noch nicht der letzte in Frankfurt gewesen sein wird.

 




Frankfurt – 20/01/2011

Frankfurt – 20/01/2011

 

Qual ist nicht Kult

Montserrat Caballé gibt einen Liederabend

Noch ist die Stimme nicht haltlos genug, um als arioser Trash durchgehen zu können, aber Montserrat Caballé ist auf dem besten Weg, die Nachfolgerin von Florence Foster Jenkins zu werden. Das ist jene steinreiche vokale Dilettantin aus Amerika, die sich in den 30er und 40er Jahren dank ihres Vermögens Konzerte ihres Falschsingens samt Platteneinspielungen leisten konnte, die bis heute ein begeistertes Publikum finden.

Kult war das Unzulängliche des Auftritts der 77-jährigen spanischen Sopranistin im Großen Saal der Alten Oper nicht. Eher Qual, denn die konsequent falsch sitzenden höheren Töne – die hohen wurden einfach tiefer gelegt oder ganz weggelassen – gingen mit einer Haltung des Heruntersingens einher, die von dem einstigen lyrischen Sopran kaum mehr etwas spüren ließ.

Manuel Burgueras war der pianistische Begleiter, dessen besondere Aufgabe darin bestand, die temporalen Rückungen der Solistin punktgenau zu parieren. Diese Leistung war bestechend.

Gegeben wurde ein Programm, das vom italienischen Barock eines Antonio Vivaldi bis zur deutschen Moderne eines Richard Strauss reichte, mit Zwischenhalten bei Charles Gounod, Jules Massenet, Enric Granados und Ruperto Chapí. Aber dieses Spektrum hatte keine abwechselnde Funktion. Durch das überall gleiche Melisma des Caballéschen Vokal-Schlingerns vollzog sich so etwas wie eine Sinnes-Vernebelung. Eine alt gewordene Sirene zieht mit betäubendem vokalem Gleichmut alle Aufmerksamkeit hinab. Das Wort, das damals über Frau Jenkins die Runde machte, galt jetzt auch für Montserrat Caballé: Sie hat sich „nicht von den Absichten des Komponisten einschüchtern lassen.“